Dresden – Einmal Vorurteil und zurück.

Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.

Dresden Altstadt

„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“. Dieses Zitat von Karl Valentin kennt man als Reisender nur zu gut. Und was das mit Dresden zu tun hat, erlebten wir vor Weihnachten selbst auf unserer traditionellen Winterreise mit dem Wohnmobil.

Dresden oder nicht Dresden? – Das ist hier die Frage!

Beim Planen unserer Reiseroute an die Ostsee kam mein Mann auf die Idee, Dresden zu besuchen. 

Und ich? Bekam bei dem Gedanken ein flaues Gefühl. Hatten uns doch in den letzten Wochen und Monaten immer wieder die Medienberichte über fremdenfeindliche PEGIDA Kundgebungen, über deren kriminelle Drahtzieher und die Montagsveranstaltungen dort das Blut in den Adern gefrieren lassen. Und mir als Deutsche die Scham- und Zornesröte ins Gesicht getrieben, wenn ich die dumpf skandierten Parolen und Banner der aufgebrachten Menge dort las.

Nein, auf eine Stadt, in der es solche Tendenzen gibt, und die angeblich so wenig weltoffen und tolerant zu sein scheint, hatte ich eigentlich überhaupt keine Lust!

Auf der einen Seite die Wahnsinnssummen, die Sanierungen und Restaurierung der historischen Gebäude und der Wiederaufbau der Frauenkirche verschlangen. Auch hier waren die Medien in der Vergangenheit stets fleissig im Berichten, was mit den Steuergeldern der „Westdeutschen“ im Osten alles angeblich „vergoldet“ wurde. Und dann in jüngster Zeit der Medien Hype um die neu entflammte Ausländerfeindlichkeit und den spürbar extremen politischen Rechtsruck.

Auf der anderen Seite hörten wir aber auch immer wieder begeisterte Berichte und Erzählungen anderer Reisender, die Dresden bereits besucht hatten, und verzückt schwärmten vom wieder erblühten „Elbflorenz“.

Unschlüssig fuhren wir also zunächst einmal los. Wie so oft frei nach dem Motto:

„Mal sehen, wohin es uns denn so treiben wird.“ 

Nach einem Zwischenhalt im bayrischen Kloster Andechs. Und einem weiteren Tag in Selb mit äusserst interessantem Besuch des dortigen Porzellanmuseums „Porzellanikon“. Fuhren wir auf unserem Weg zum ersten Ostsee Ziel: „Stettiner Haff“ durch Sachsen. Und damit irgendwie auch direkt nach Dresden.

Nach zwei Tagen entspannten Reisens und schöner Erlebnisse in Süd- und Nordbayern zeigte ich mich auch nicht mehr ganz so abgeneigt. Und war schliesslich doch auch neugierig auf diese Stadt, von der man seit der Wende immer mal Widersprüchliches gehört hatte.

Selten stand ich einer Stadt derart ambivalent gegenüber: Kritisch, ablehnend und dennoch neugierig darauf, was von all dem Gehörten und Gelesenen nun möglicherweise stimme.

Jeder hat eine Chance verdient.

Das Erste, was mir bei unserer Anfahrt ins barock gepriesene Stadtzentrum eindrücklich ins Auge stach: eine grosse orientalische Moschee mitten im Zentrum Dresdens! Dachte ich zumindest, denn das eindrucksvolle Gebäude mit einer grossen farbigen Glaskuppel und dem typischen Minarett sah für uns auf den ersten Blick wie eine klassische Moschee aus.

Dresden-Yenizde

Doch spätestens jetzt mussten wir auf dieser Reise einmal mehr die Erfahrung machen:

„Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen.“ 

Denn die sogenannte Yenizde mitten in Dresden war nämlich ursprünglich eine 1909 erbaute Zigarettenfabrik eines Orient verliebten deutschen Unternehmers. Der seine Tabakwaren arabischen Ursprungs  in diesem Gebäude herstellte und gleichzeitig mit dem orientalischen Look seiner Fabrik erfolgreich vermarktete. Während des zweiten Weltkriegs teilweise beschädigt, zu DDR Zeiten wieder als Zigarettenfabrik genutzt, wurde die Yenizde erst 1996 komplett neu renoviert. Und beherbergt heutzutage moderne Bürogebäude, ein Kuppel Restaurant mit dem höchsten Biergarten Dresdens und Veranstaltungsräume. In denen unter anderem auch Lesungen orientalischer Märchen aus 1001 Nacht für Gross und Klein stattfinden.

Auch wenn das Gebäude keinen religiösen Hintergrund hat, und durch seine Optik bereits im Entstehungsjahr auf mancherlei Kritik stiess- und vielleicht auch bei manch einem Dresdner heute noch als „Stein des Anstosses“ gelten mag. Uns hatte die Stadt mit diesem ersten optischen Gegensatz sofort noch neugieriger gemacht. Und bereits ein Stück weit positiv für sich eingenommen.

Nach dieser ersten spannenden Begegnung suchten wir den zentral gelegenen Wohnmobil Parkplatz an der Wiesentorstrasse, der direkt am Elbufer liegt. Mit sensationeller Aussicht auf die gegenüberliegenden barocken Highlights der Altstadt. Dazu mit breiten grünen Flanierwegen entlang der Elbe. Ein weiterer Pluspunkt für Dresden aus unserer Sicht, wenn man im Wohnmobil unterwegs ist. Und ein kleines Paradies für unseren Hund Monet. Mein Widerstand gegen diese Stadt fing an, langsam aber sicher zu bröckeln. Denn Dresden setze bisher alles daran, dass wir uns wohl fühlten.

Kennst Du das Gefühl? Du kommst das erste Mal in eine Stadt, siehst Dich kurz um und weisst bereits in den ersten zehn Minuten, ob Du sie lieben wirst.

Wir stellten unseren „Koffer“ ab, stärkten uns kurz und gingen in leichtem Dezember Nieselregen zunächst einmal mit Herrn Monet Gassi. Immer der Elbe entlang, die eindrucksvollen historischen Gebäude stets im Blick. Die majestätische Kuppel der Frauenkirche und die filigrane Glaskuppel der Kunstakademie, die mich spontan an zarte Libellenflügel erinnerte, machten Lust auf mehr.

Dreden-Elbufer

Herrlich, ein Dezember Spaziergang im Grünen am Wasser mit Blick auf eine historische, barocke Altstadt! Genau richtig, um anzukommen und die Stadt als Gesamtes mit etwas Abstand auf sich wirken zu lassen.

Und die Dresdner? Uns kamen auffallend viele junge Leute entgegen. Kein Wunder, Dresden birgt eine der Elite Universitäten Deutschlands. Aber auch Familien mit Kindern, und ältere Menschen. Ein gemischtes Völkchen – und allen gemeinsam: sie grüssten uns freundlich und lächelten. Obwohl es leicht regnete. Mit einigen Hundebesitzern kamen wir gleich ins Gespräch. Selten hatten wir bisher so viele freundliche Menschen in einer Stadt getroffen. Und besonders auffallend: wir hörten neben Deutsch alle möglichen anderen Sprachen: Englisch, Italienisch, Russisch, Französisch, Polnisch, Spanisch, Türkisch, Arabisch…Wir waren platt, denn dieses friedliche Multi-Kulti-Miteinander hatten wir hier zuletzt erwartet.

Angetan von unserem ersten Eindruck beim nachmittäglichen Elbspaziergang planten wir abends unsere detaillierte Stadtbesichtigung für den nächsten Tag, für den der Wetterbericht trockenes Wetter vorausgesagt hatte. Und genossen den phantastischen Ausblick auf die vorweihnachtlich beleuchtete Altstadt jenseits des Elbufers von unserem kuschelig warmen Wohnmobil aus.

Am nächsten Morgen meinte es Petrus richtig gut mit uns, denn nach verregneter Nacht strahlte morgens die Sonne von einem blauen Himmel. Perfektes Wetter für unseren Stadtrundgang durch Dresden.

August dem Starken auf den Fersen.

Wir gingen die Elbe entlang bis zur nächstgelegenen Elbbrücke, der historischen Augustusbrücke, auf die wir über eine Treppe nach oben gelangten und dann über die Elbe wanderten.

Dreden--Augustus-Bruecke

Drüben angekommen fanden wir uns bereits inmitten der Dresdner Altstadt, auf einem grossen Platz, umgeben von unendlich scheinenden alten Gebäuden, die uns wie in einer Zeitreise vorkamen. Wären da nicht um 10:00 Uhr morgens bereits so viele Touristen um uns herum gewuselt, wir hätten erwartet, dass jeden Moment August, der Starke, hoch zu Ross oder in einer prächtigen Kutsche an uns vorbei kommt. Der Monarch, der die barocken Bauwerke Dresdens und die künstlerische und wirtschaftliche Blütezeit bis 1733 zu verantworten hatte.

Aber statt August, den Starken, trafen wir einige freundliche Dresdner, die uns in ihrem unvergleichlichen, wie ich finde sehr sympathischen, sächsischen Dialekt eine Stadtrundfahrt mit den typischen Doppeldecker Bussen anboten. Und uns zuvorkommend darauf hinwiesen, dass wir mit Hund am Besten sehr früh an den Haltestellen sein sollten, damit wir einen ausreichend grossen und guten Aussichtsplatz mit  Vierbeiner finden. Denn Hunde sind wirklich kein Problem und ebenfalls gern gesehene Gäste in Dresden.

Wir merkten uns die Rundfahrt vielleicht für später vor und zogen lieber per pedes auf eigene Faust los durch die historischen Gassen. Hier weiss man nicht, wohin man zuerst blicken soll. So geballt findet sich hier Kunst, Kultur und barocke Architektur.

Vorbei an der Kunstakademie, die im wahrsten Sinne des Wortes malerisch an der Elbe, an der sogenannten Brühlschen Terrasse liegt. Und deren filigrane Glaskuppel von den Dresdnern liebevoll und leicht ironisch „Zitronenpresse“ genannt wird.

Dresden-Kunstakademie

Kunst kommt von können, nicht von wollen. Sonst hiesse es ja Wunst (Karl Valentin)

Von dort weiter in Richtung innere Altstadt, am Albertinum vorbei. Zur berühmten, zwischen 1994 und 2005 vor allem durch Spenden wieder aufgebauten Frauenkirche, die mit ihrer steinernen Kuppel ganz Dresden überragt. Wenn man vor diesem Dom steht, kann man erst richtig verstehen, wieso so viele Menschen bereit waren, für seinen Wiederaufbau zu spenden. Und all die Kritik und Skepsis verstummt augenblicklich im eigenen Kopf. Diese Erfahrung muss jedoch jeder persönlich selbst machen, mit Worten beschreiben kann man das überwältigende Gefühl nicht, das die Altstadt Dresdens auslöst.

Sicherlich ist es auch ein besonderes Erlebnis, die Frauenkirche von innen zu besichtigen und zur Aussichtsplattform unterhalb der Kuppel empor zu steigen, um eine atemberaubende Aussicht über die Stadt und die Elbauen zu geniessen. Uns waren die Besucherschlangen vor den Eingängen allerdings zu lang, und mit Hund hat man sowieso verständlicherweise keinen Zutritt.

Was Goethe schon wusste.

Gegenüber der Frauenkirche fiel uns noch etwas anderes auf, das uns in dieser Stadt sehr imponierte. Nämlich ein Plakat mit diesem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe:

Dreden-Plakat-Goethe-Zitat

Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.“ (Goethe)

Dieses Plakat in dieser Stadt! Goethe, selbst ein äusserst kluger, mutiger und weltoffener Geist, hatte unserer Meinung nach Recht. Und der Plakat-Verantwortliche auch.

Dresden überraschte uns bei unserem Rundgang diesbezüglich noch mit vielen weiteren Aktionen. Zum Beispiel mit grossflächigen Anti-Rassismus und Toleranz Kampagnen auf den städtischen Strassenbahnen. Und am Besten gefiel uns eine grosse Medien Leinwand, die an der berühmten Semper Oper angebracht wurde. Dort äusserten sich abwechselnd einzelne Mitglieder des Opern Ensembles mit Zitaten und persönlichen Statements zum Thema Toleranz, Integration, Weltoffenheit und friedlichem Miteinander. So zum Beispiel auch mit meinem Lieblingszitat von Karl Valentin:

„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“.

Wir fühlten uns bereits nach einem Tag nicht mehr fremd an diesem zuvor noch nie besuchten Ort. Dresden und die Dresdner tun vor Ort sehr viel dafür, Toleranz und Weltoffenheit zu signalisieren und zu leben. Und dem Image, das einige Wenige, laute und dumpf Frustrierte in den Medien zu verbreiten versuchen, entgegen zu wirken. Das ist es, worüber die Medien häufiger berichten sollten, und was Dresden ausmacht. Nicht die Auflagen steigernden Propaganda Aktionen einiger Verirrter. Deren Tendenzen man sicherlich auch ernst nehmen muss in ihrer Gefährlichkeit für eine offene Gesellschaft. Deren Wichtigkeit man aber entsprechend ihrer Dummheit werten und ihre Medienpräsenz deutlich minimieren sollte.

Dresden erlebten wir jedenfalls als äusserst offene, internationale und freundliche Stadt. Die auch uns und unsere anfängliche Skepsis eines Besseren belehrte und damit ein bisschen beschämte.

Was Dresden sonst noch bietet.

An imposanten Sehenswürdigkeiten sind ausserdem die eindrucksvollen, restaurierten Gebäude am Neumarkt zu nennen.

Dresden-Haeuserfront

Von dort aus haben wir dann noch den einen oder anderen Blick in Nebenstrassen hinter und neben der restaurierten Altstadt gewagt. Was uns interessante und die etwas anderen Einblicke in diese geschichtsträchtige, von den Ereignissen der letzten Jahrhunderte geprägte Stadt bot.

Dreden-Frauenkirche-Rueckseite

Natürlich wanderten wir auch durch den Garten und die eindrucksvolle Anlage des Dresdner Zwingers. Wo wir wiederum auch die eine oder andere Rückansicht genossen:

Dresden-Zwinger

Und was wäre Dresden vor Weihnachten ohne den berühmtesten und ältesten aller deutschen Weihnachtsmärkte? Den Striezelmarkt! Wo wir die vielen handwerklichen Stände und die weltgrösste erzgebirgische Stufenpyramide bestaunten und einen feinen Glühwein aus knuffeligen Dresden Tassen tranken. Die seitdem als Erinnerungsstücke zu unserem Bord Equipment gehören.

Auch hier im bunten Treiben eines vorweihnachtlichen Samstag Nachmittags stellten wir fest, dass die Menschen sehr freundlich miteinander und mit uns umgingen. Kein Gedränge, kein Gepöbel. Im Gegenteil, geduldiges Warten in den Schlangen, zuvorkommende Bedienung an den Ständen, für jeden Kunden ein nettes Wort. Und damit eine für uns sehr gelungene Vorweihnachtsstimmung im eigentlichen Sinne.

Dresden hat uns während unserer dreiwöchigen Winterreise durch Deutschland von allen besuchten Städten am meisten beeindruckt. Und wir können diese liebenswerte Stadt guten Gewissens empfehlen. Informationen zu Veranstaltungen, Highlights und Events gibt es unter anderem auch hier.

Wir waren sicherlich nicht das letzte Mal im wunderschönen Elbflorenz. Das uns vor allem Folgendes einmal mehr lehrte: 

„Glaube nur, was Du selbst gesehen und erlebt hast.“

„Verabschiede Dich von Vorurteilen und bleibe stets offen für die Welt.“

„Springe ab und zu mutig über Deinen eigenen Schatten, und gib allem eine Chance“.

Denn nur dann kannst Du auch in Zukunft immer wieder positiv überrascht werden! Und das wollen wir doch im Grunde unseres Herzens alle, oder? Vor allem, wenn wir reisen.

In diesem Sinne wünsche ich Dir ein spannendes Jahr mit vielen überraschenden Reisen, Ereignissen, Erkenntnissen…und nurMut! Petra

2 Kommentare zu Dresden – Einmal Vorurteil und zurück.

  1. Beate Piehler // 06/08/2016 um 11:26 // Antworten

    Liebe Petra!
    So, wie es immer im Leben ist und wie du es auch geschrieben hast: „Gehe und überzeuge dich selbst!“ ist immer die beste Devise! Ich hätte dir vorher sagen können, dass ihr begeistert sein werdet, von dem wunderschönen Dresden. Ich liebe diese Stadt!
    Herzlichst Beate

  2. Ein ganz wudervoller Artikel über unsere schöne Stadt. Auch einer, der uns in unserer Arbeit bekräftigt und Mut macht. Die Fotos sind ebenfalls sehenswert. Vielen Dank liebe Frau Kochgruber.

    Haben Sie auch die Dresden Neustadt besucht? Wenn nicht, dann müssen Sie das unbedingt bei Ihrem nächsten Besuch hier nachholen. 😉

    Viele Grüße aus Dresden
    Marco Blüthgen für Dresden Marketing GmbH

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