Und täglich grüsst das Murmeltier.
Manche Erfahrungen muss man eben öfter machen.
Welcher Typ bist Du? – Murmeltier oder Sisyphos
„Und täglich grüsst das Murmeltier!“ Kennst Du die Filmkomödie mit Bill Murray, in der er jeden Tag aufs Neue den gleichen Tag durchleben muss? Immer und immer wieder in einer zeitlichen Endlosschleife feststeckt.
Oder den Mythos von Sisyphos, der ebenfalls in einer Endlosschleife steckt. Weil er immer wieder aufs Neue einen grossen runden Felsen auf einen Berg hinauf wälzt. Und jedes Mal kurz vor dem Gipfel entgleitet er ihm und rollt wieder hinab. Das Ganze beginnt also wieder von vorne.
Im Gegensatz zu Sisyphos, der vermutlich noch heute täglich aus den Tiefen der griechischen Mythologie seinen Felsen hinauf wälzt, ohne dabei etwas zu verändern oder zu lernen, lernt der Schauspieler in der Komödie in kleinen Schritten jedes Mal dazu, wenn er denselben Tag durchlebt. Und entwickelt sich Schritt für Schritt weiter. Vom eher unsympathischen, arroganten zum empathischen, hilfsbereiten Menschen. Und darf schliesslich seine Murmeltier Tag Schleife nach unzähligen Runden endlich verlassen. Natürlich mit Happy End – ist ja schliesslich Hollywood.
Wieso erzähle ich Dir von diesen Beiden?
Weil Du Dich vielleicht auch schon dabei ertappt hast, immer wieder das gleiche Verhalten an den Tag zu legen. Auch wenn Dir das Ergebnis Deines Handelns gar nicht gut tut oder gefällt, eigentlich sogar sinnlos ist. Wie im Falle des Sisyphos ohne Learning. Oder wie Bill Murray mit kleinen, hart erkämpften Fortschritten. Durchlebst Du die gleichen Situationen mit ähnlichen Ergebnissen immer und immer wieder.
Manche Erfahrungen muss man eben öfter machen.
Und weil ich selbst ebenfalls jahrelang „Murmeltier Tage bzw. Jahre“ hatte. Denn bei meinen beruflichen Jobwechseln bin ich stets demselben Muster erlegen. Bekannte Firma, Top Position, grosses Prestige, sehr hohe Erwartungen und weit überdurchschnittliches Engagement. Ich habe den Felsen immer wieder mit wachsender Begeisterung von Neuem den Berg hochgewälzt. Oder, wie meine Großmutter etwas rustikaler zu sagen pflegte, den Furz auf das Brett genagelt. Zugebenermassen habe ich, im Gegensatz zu Sisyphos, wenigstens Geld dabei verdient. Ein kleines, aber nicht unwesentliches Detail in der heutigen Zeit. Das man aber auch anders lösen könnte, wenn man nur wollte. Das ist aber ein anderes Thema.
Obwohl ich
- oft „umgestiegen“ bin.
- Veränderungen bewusst herbeigeführt und selbst bestimmt habe.
- meine Arbeitgeber immer dann gewechselt habe, wenn mir der „Fels entwischen wollte“.
- nicht mehr so viel Sinn gesehen hatte in dem, was ich tat.
Habe ich es lange Jahre nicht geschafft, wirklich auszusteigen. Den wahren Grund aufzuspüren, warum mir viele Dinge am Ende sinnlos erschienen.
Dafür hatte ich ja schliesslich keine Zeit. Ausserdem auch gar nicht gelernt, wie man kritisch hinterfragt.
Eigene Verhaltensänderung? Glaubenssätze? – Fremdwörter für mich damals.
Status Quo anders gestalten, damit das Leben runder läuft und in ruhigeren Bahnen? „Wozu?“ – „Die andere machen es doch auch so“. „Das ist doch normal“. „Es wird einem eben nichts geschenkt“.
Der Workaholic Endlosschleife entkommen? „Lass mal, lieber nicht“. „Das ist zu unsicher“. „Und was ist mit Deiner Karriere, Du undankbares Ding?“
Was hätte ich wohl all die Jahre anders, besser machen können?
Zum Beispiel in meinem heiss geliebten Job bei Porsche:
Mit dem Abstand vieler Jahre und den seither gemachten Erfahrungen ist vieles klar geworden.
Meine damaligen Glaubenssätze liessen es gar nicht zu, rechtzeitig zu signalisieren und sachlich zu argumentieren: Warum das erwartete Pensum für mich als einzigen Produkt Manager für ein riesiges Accessoires Sortiment zu viel war. Plus unzähliger Zusatzprojekte.
Stattdessen habe ich immer alles klaglos abgearbeitet und damit signalisiert, dass das alles gar kein Problem sei. „Es gibt nichts, was man nicht kann“. Ergo hat mein Chef noch drauf gepackt…“ist doch prima“. „Sie macht das doch 1a.“ Und ich: tapfer gelächelt und weiter geschuftet.
Erst als mir das Leben ein deutliches Zeichen in Form eines schweren Unfalls gab, fing ich kurz mal an zu überlegen. Nur leider schmolzen alle meine im Spital gefassten Vorsätze wie Schnee in der Sonne. Sobald ich wieder in meiner gewohnten Arbeitsumgebung war. Die mir ja „gar keine Zeit liess“ für meine ureigensten Bedürfnisse. „Ich musste ja schliesslich funktionieren.“ Dachte ich zumindest. So hatte ich es von zu Hause gelernt.
Die Firma war meine „Familie“. Deshalb dachte ich auch (fälschlicherweise), wenn ich der Firma alles gebe, wird das Unternehmen seinerseits schon für mich sorgen und auf mich aufpassen.
Diese Fehleinschätzung eskalierte schliesslich, als ich nach meinem Unfall eine Diskussion mit meinem Vorgesetzten hatte, in der ich ihm die Verantwortung für mich als seine Mitarbeiterin und mein gesundheitliches Wohlbefinden unterstellte. Seine Antwort:
“Ich bin nur für meine eigene Familie verantwortlich. Sonst für niemanden.“
Diese Antwort sass. Ich war wütend, enttäuscht und zutiefst gekränkt. Ich beschloss zu kündigen. (Obwohl er ja gar nicht einmal so unrecht hatte, im Nachhinein betrachtet).
Und mein Chef? Fiel aus allen Wolken. Verstand die Welt nicht mehr. Versuchte mich umzustimmen, genau wie unser Marketingleiter und der Vertriebs Vorstand. Alle wollten mich halten. Es wurde sogar endlich ein zweiter Produkt Manager eingestellt. Das änderte alles nichts mehr an meiner Entscheidung. Mein Stolz liess das nicht zu. Meine Konsequenz und mein Trotz ebenso wenig.
Lieber habe ich verzichtet auf eine Position, die mir wirklich sehr am Herzen lag. Ein Geschäftsfeld, das ich massgebend aufgebaut hatte und wachsen sah. Und habe das Feld anderen überlassen. Schön blöd, wirst Du vielleicht denken. Aber damals konnte ich nicht anders.
Was stand mir im Weg? – Meine negativen Glaubenssätze und Verhaltensmuster:
- „Du musst funktionieren“.
- „Du darfst nicht „nein“ sagen“.
- „Wenn Du hart genug arbeitest, werden Sie schon aufmerksam werden. Dich mögen und anerkennen.“
- „Wenn ich Ansprüche stelle, werfen sie mich raus“.
- „Verantwortlich sind immer die anderen“.
- „Wer Pausen macht, sich Zeit nimmt, Dinge in Ruhe angeht, ist ein Weichei“.
- „Einmal getroffene Entscheidungen darf man nicht mehr revidieren“.
- „Sonst verliert man das Gesicht“.
Was hätte mir in dieser Situation geholfen? – Mehr positive Glaubenssätze, Zeit und Ruhe:
- „Nimm Dir die Zeit, in Ruhe ohne Emotionen mit Deinem Chef zu sprechen“.
- „Chefs sind auch nur Menschen“.
- „Nimm Dir Zeit für strategische Überlegungen anstatt im Kleinkram zu ersticken“.
- „Mach konstruktive Vorschläge für zeitliche und personelle Verteilung der Projekte“.
- „Sag auch mal konsequent „nein“ und nicht immer „vielleicht“ oder „ja“.
- „Übernimm die Verantwortung für Dein Handeln und Wohlbefinden“.
- „Mach öfter mal eine Pause und halte inne“.
- „Die Firma ist zufrieden mit Dir, zweifle nicht ständig daran“.
- „Halte nicht aus Stolz, Eitelkeit oder Trotz an Entscheidungen fest, die Du innerlich bereust“. (Denn Du bestrafst damit nicht die anderen, sondern Dich selbst)
- „Sieh alles etwas lockerer und mit den Augen von 10 Jahren später“.
Nun, ich kann die Zeit nicht mehr zurück drehen. Das ist auch gar nicht schlimm. Denn ich hatte auch wirklich tolle Zeiten und viel Spaß. Und schliesslich habe ich viel gelernt von meinen persönlichen „Murmeltier-Runden“. Sonst könnte ich meine Erfahrungen jetzt nicht weitergeben und teilen. Und einige spannende Geschichten sind dabei schliesslich auch rausgesprungen.
Was einmal mehr beweist, nichts geschieht vergebens. Und nichts ist so schlecht, dass es nicht auch was Gutes hätte. In diesem Sinne…“hang on, little tomato…“. Aber nicht zu lange!
Welches ist Dein Sisyphos Thema und wie gehst Du damit um oder wie hast Du es vielleicht schon gelöst?
Erzähl mir davon und von Deinen persönlichen Tipps und Erfahrungen, um der Endlosschleife erfolgreich zu entkommen. Und schreib mir gerne Deinen Kommentar dazu!
nurMUT…lass den Felsen einfach mal liegen und das Murmeltier schlafen! Petra
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