Österreich im Winter – da kann man ganz schön viel See sehen.
Aber das Popscherl schwingt man besser nichts in Badehoserl…
Wenn man im Internet Wörthersee „googelt“, findet man fast ausschliesslich Sommerbilder mit badebegeisterten Feriengästen. Wen wundert’s? Ist der Wörthersee doch der wärmste und klimatisch mildeste Alpensee. Aber Österreich im Winter? – Da fällt Dir sicherlich nur Skifahren ein.
Von der Adria an den mondänen Alpensee.
Wer uns und unsere Vorliebe für ausser saisonales Wohnmobil Reisen kennt, wird es bereits vermuten. Wir waren natürlich nicht im Sommer dort, sondern im tiefen Winter! Und nicht zum Skifahren in den Alpen, sondern an den Seen. Bei unserer ersten längeren Wohnmobil Reise, die uns vor einigen Jahren im Winter bereits in die Dolomiten und nach Lido di Jesolo am Mittelmeer geführt hatte, landeten wir schliesslich in Kärnten. Nachdem wir die italienische Adria in Richtung Slowenien verlassen hatten, wo wir romantisch verschneite, wilde Wälder auf engen Serpentinen bergauf und bergab durchquerten. Vorbei fuhren an alten verlassenen Festungen und kleinen, verschneiten slowenischen Bergdörfern. Bis wir schliesslich über der Grenze in Kärnten ankamen.
Zunächst hatten wir keine Ahnung, wo wir unseren nächsten Halt machen wollten. Beim Blick auf die Österreich Karte fiel uns ein grosser See ins Auge. See ist immer gut, dort gibt es meist auch Stell- oder Campingplätze, also nichts wie hin. Wohlgemerkt, wir waren im Dezember unterwegs und unterschätzten vermutlich die Popularität österreichischer Alpenseen im Winter.
Denn weit und breit war kein Stell- oder Campingplatz geöffnet. Und wer die Ortschaften rund um den Wörthersee kennt, weiss, wie eng und prekär die Parkplatzverhältnisse dort sind. Für einen LKW, wie den unseren kein leichtes Unterfangen.
Aber wer wird denn gleich aufgeben? Frohen Mutes klapperten wir Ortschaft für Ortschaft ab und landeten schliesslich in Pörtschach, „dort, wo laut Homepage der Wörthersee am Schönsten ist“ und bereits „Gustav Mahler“ und „Johannes Brahms“ gerne gepflegt wohnten und Ferien machten. Genau richtig für unseren winterlichen Zwischenhalt in Kärnten. Direkt am See, gesäumt von eleganten Villen und stilvollen Seehäusern, fanden wir mitten in Pörtschach neben dem Parkhotel einen Parkplatz, auf dem aufgrund der grossen Schneemengen nicht sehr viele Autos parkten. Für unseren Allradler natürlich kein Problem. Perfekter Stellplatz am Rande des Parks mit Seesicht.
Was für ein Stück Glück! Denn bereits Johannes Brahms schrieb 1877 an Clara Schumann:
„Erzählen will ich, dass ich hier in Pörtschach ausstieg, mit der Absicht
den nächsten Tag nach Wien zu fahren. Doch der erste Tag war so schön, dass ich den zweiten Tag durchaus bleiben musste. Der zweite war aber so schön, dass ich für´s erste weiter bleibe.“
Ähnlich erging es auch uns in Pörtschach, wo wir zwei Tage blieben und den winterlich verzauberten See und seine Umgebung auf uns wirken liessen bei – 8° C und strahlendem Sonnenschein. Obwohl oder vielleicht gerade weil wir in der absoluten Nebensaison hier gelandet waren, strahlten Ort und See eine verschlafene Ruhe aus, die man im Sommer hier vermutlich vergeblich sucht.
Stundenlange Seeufer-Spaziergänge, vorbei an prachtvollen Villen, die uns in die K & K Zeiten zurückversetzen.
Oder entlang moderner Hotelarchitektur, direkt am Seeufer. Anschliessende Kaffeehaus Besuche zum Aufwärmen und Kalorien tanken rundeten unsere Nachmittage in Pörtschach ab.
Wir verbrachten herrliche zwei Tage am romantisch verschneiten Wörthersee, bevor wir unseren Seepark Parkplatz schweren Herzens wieder verliessen. Um im wahrsten Sinne des Wortes zu neuen Ufern aufzubrechen…
Wie aus Seewasser Teewasser wird.
Und zwar in Richtung Salzkammergut, wo es uns erneut an einen bekannten See zog: den Wolfgangsee. Bekannt aus dem Filmklassiker „Im weissen Rössl am Wolfgangsee“, den ich als Kind mit meiner Peter Alexander begeisterten Grossmutter sicherlich an die fünfmal gesehen habe. In einem unserer Reiseführer fanden wir auch einen Camping- und Stellplatz direkt am See, nahe der Ortschaft Abersee, direkt gegenüber des Ufers von Sankt Wolfgang. Als wir dort jedoch ankamen, fanden wir den Platz verlassen und geschlossen vor. Auch hier machte uns die Nebensaison einen Strich durch unsere Rechnung. Das war jetzt umso fataler, als wir damit gerechnet hatten, endlich unsere Wasservorräte auffüllen zu können. Denn unser Frischwassertank tendierte gen Null. Da wir schon über vier Stunden gefahren waren, wollten wir auch nicht mehr so gerne weiterfahren. Was also tun?
Unseren Koffer konnten wir problemlos vor der Schranke des geschlossenen Campingplatzes abstellen, ohne hier jemanden zu behindern. Wiederum mit phantastischer Seesicht.
Aber woher sollten wir frisches Wasser bekommen? Diese Frage kann sich auch nur ein verwöhnter Mitteleuropäer stellen, der gewohnt ist, sein Wasser aus Wasserhähnen zu beziehen. Wenn er direkt an einem grossen Süsswasser See parkt! Uns kam also nach einigem Hin und Her endlich die zündende, weil naheliegende Idee: Wasser aus dem See schöpfen!
Soweit, so gut. Aber da es sich, wie gesagt, um unsere erste längere Wohnmobil Reise handelte, tat sich bereits das nächste Problem auf. Wie bekommen wir das Wasser aus dem See in unseren Frischwassertank? – Aus dem See heraus mit einem Eimer an einer Schnur vom Holzsteg aus, damit kein aufgewühlter Dreck mitkommt. Aber vom Eimer in die kleine Öffnung des Einfüll-Stutzens vom Frischwassertank?? Du wirst jetzt sicherlich sagen, mit einem Trichter oder einer Giesskanne müsste das doch gehen! Stimmt, aber beides hatten wir leider nicht an Bord. Das Wasserproblem weitete sich also aus. Soviel Wasser und keine Möglichkeit des Einfüllens. Menno!!
Eine Metzgerfrau rettet uns vor dem Verdursten.
Auf dem Weg zu unserem neuen Standplatz war mir als einziges Geschäft eine Metzgerei aufgefallen, weil sie ein für uns Schweizer ungewohntes Schild über dem Laden hängen hatte:
„Fleischhauerei“.
Dorthin bin ich in meiner Verzweiflung also gestapft, um eine Lösung für unser Problem zu suchen. Natürlich nicht einfach so. Zunächst kaufte ich bei der sehr freundlichen Inhaberin ein bisschen Wurst und Aufschnitt für unser Abendessen. Um sie dann beim Bezahlen ganz schüchtern zu fragen, ob sie eventuell eine Giesskanne hätte, die sie mir ausleihen könne?
Den verdutzten Gesichtsausdruck der guten Frau hätte ich am liebsten fotografiert. Da steht ein fremder, dick eingemummelter Zipfelkappen-Träger (also ich) mitten im Dezember vor der Wursttheke und fragt nach einer Giesskanne.
Vermutlich konnte die Dame den Reflex, eine Ambulanz oder Ähnliches anzurufen, gerade noch so lange unterdrücken bis ich ihr die Erklärung für meinen absurden Wunsch erklärt hatte. Dann allerdings lief ein breites Grinsen über ihr Gesicht und sie bat mich, einen Moment zu warten. Sie ging mal suchen. Nach einer gefühlten Ewigkeit – am Ende rief sie doch noch die Ambulanz? Kam sie zurück mit einer frisch geputzten giftgrünen 10 Liter Plastikkanne, entschuldigte sich, dass es so lange dauerte, weil sie diese erst einmal ganz hinten im Schuppen suchen musste. Und überreichte mir das gute Stück mit einem hilfsbereiten Lächeln. „Stellen Sie sie einfach vor die Ladentür, wenn Sie fertig sind, denn wir haben am Nachmittag das Geschäft geschlossen“. Glücklich über meine erfolgreiche Kannen-Akquisition machte ich mich triumphierend mit meiner „Beute“ auf den Rückweg, wo mich meine zwei Männer schon ungeduldig erwarteten.
Bei eisigen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein machten wir uns sodann ans Werk: ich fischte mit unserem Eimer an der Schnur das Wasser vom Holzsteg aus dem See und leerte es um in die Giesskanne.
Robert schleppte die gefüllte Gieskanne zum Koffer und goss deren Inhalt vorsichtig in den Frischwassertank.
360 Liter Wasser à 10 Liter pro Eimer macht 36 Mal zum See und zurück. Wer behauptet, Wohnmobil Ferien seien keine Sportferien, war noch nie im Winter unterwegs.
Nach erfolgreichem Wassertragen konnten wir unsere neu erstandenen Wurstwaren so richtig mit Appetit und Hunger geniessen, gemütlich auf einer Bank im Schnee sitzend. Begleitet von einer heissen Tasse Tee (Hhhmmmm, gefiltertes Seewasser!).
Herrlich, dieses Gefühl, eine kleine Herausforderung gemeistert und ein Problem gelöst zu haben. Und vor allem einmal mehr die Erfahrung gemacht zu haben, dass man, egal wo auf der Welt, immer freundliche, hilfsbereite Menschen findet, die einem weiterhelfen, wenn man sie höflich darum bittet.
Den restlichen Tag verbrachten wir mit Streifzügen am See entlang mit Aussicht auf das berühmte Sankt Wolfgang mit seinem weissen Rössl.
Einsame Ente im Bräustüberl.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter in Richtung Bayern, wo wir fast am Ende und am dritten See unserer allerersten Winter Tour mit unserem Koffer landeten. Am Tegernsee im Ort Tegernsee, dem mondänen Alpen Ressort vor den Toren Münchens. Hier gibt es im Winter natürlich ebenfalls keinen offiziellen, zentralen Stellplatz für Wohnmobile. Dafür zahlreiche Luxus- und andere Hotels. Wieder einmal suchten wir nach einer legalen Alternative für unseren Koffer und erneut war das Glück uns hold: Leicht erhöht zu Ort und See fanden wir einen Parkplatz. Einmal mehr mit Seesicht!
Bei sonnigem Winterwetter spazierten wir die Seepromenade entlang in das idyllische Alpenstädtchen, wo kurz vor Weihnachten noch nicht allzu viel los war. Verglichen mit den Sommer Monaten könnte man sagen, fast ausgestorben. Wir hatten Tegernsee fast für uns alleine und genossen es sehr. Als krönenden Abschluss unserer Italien-Österreich-Deutschland-Tour gönnten wir uns abends ein Abendessen im Herzoglich Bayerischen Bräustüberl in Tegernsee. Wo wir ganz exklusiv als einzige Gäste (so kurz vor Weihnachten!) sehr freundlich und zuvorkommend bedient worden sind.
Und knusprige Entenkeulen mit Blaukraut und Knödeln verspeisten, begleitet von einem äusserst schmackhaften Tegernseer Bier.
Nach unseren ersten winterlichen Gipfel-, Meer-, und See-Erfahrungen und dieser abenteuerlichen, aber insgesamt sehr gelungenen, ersten längeren Tour mit unserem Reisemobil. Liefen wir pünktlich zu Weihnachten den sicheren Hafen meines Elternhauses im Schwarzwald an, wo wir ebenfalls herzlich willkommen geheissen und fürstlich bewirtet wurden. Bevor wir glücklich und um einige Erfahrungen reicher wieder zurück nach Hause kehrten.
Und die Moral von unserer ersten grossen Ausfahrt:
„Wohnmobil Reisende müssen in erster Linie kreativ, kommunikativ und praktisch veranlagt sein!“
nurMut…begleite uns gerne weiter auf anderen Reisen im Winter und erzähl uns von Deinen kreativen Lösungen auf Reisen. Petra
Petra deine Winterreisebeschreibung, war wieder einmal sehr unterhaltend und aufschlussreich geschildert.
Auch die schönen Aufnahmen der einzelnen Haltepunkten, nur zum Schluss der Reise vermute ich! dass die Batterie deines Fotoapparates leer war. Warum klaube ich wohl dies, ich sah kein Bild vom Schwarzwald. Vielleicht war es auch schon zu Dunkel. Es grüßt Dich ( Euch ) Schmitthans