Ein Joch geht noch – Grenzgänger zwischen Schweiz und Österreich
Die perfekte Hundewanderung für den Herbst
Ein hübscher Nachmittag »hinter dem Mond links«
Bei unserem letzten Reisemobil- und Wanderausflug ins Prättigau im Kanton Graubünden wussten wir noch nicht so recht, wohin wir mit unserem Hund Monet eigentlich wandern wollten. Da es uns in der Umgebung des kleinen Bergdorfs St. Antönien, »hinter dem Mond links«, überall gut gefällt, liessen wir uns an unserem Ankunftstag nachmittags einfach ein wenig treiben und spazierten mit Herrn Monet aufs Geratewohl los.
Ein paar Schritte hinter unserem Parkplatz Nr.3, der nach der Ortschaft in Fahrtrichtung Partnun liegt, zweigte rechts eine schmale Strasse, namens Rüti ab. Direkt an einer grossen Wanderkarte der Umgebung und einem Schild zum Berggasthaus »Edelweiss«.
Dieser Strasse folgten wir bergauf immer in Richtung »Edelweiss« und Rätschenjoch.
Einzelne verstreute Gehöfte passierten wir und trafen hier allerlei lustige Tiere, die nicht immer hier heimisch waren. Und die offensichtlich auch noch nie etwas von Kieferorthopädie und Zahnklammern gehört hatten.
Von früheren Besuchen in St. Antönien wussten wir bereits, dass sich die Einheimischen hier gegenseitig nicht nur einen »hübschen Tag« wünschen, sondern dass sie generell einen Sinn für Schönheit und geschmackvolle Gestaltung ihrer Gärten und Häuser haben.
Einige im wahrsten Sinne herzige Chalets lagen in Sichtweite unseres Weges und wiederum das eine oder andere hübsche Tierchen in Haus und Hof.
Nach ca. einer Dreiviertelstunde stetigen Aufwärtsspazierens, inzwischen bereits im Murmeltierland, erreichten wir das kleine Berggasthaus »Edelweiss« im Weiler Sunnistafel, wo unter der Woche nachtmittags um Vier nicht viel los war. Die Wirtin sass mit ein paar Einhemischen draussen an einem Holztisch. Wir gesellten uns mit Monet dazu und bestellten zwei Bier, denn der Aufstieg war schweisstreibend und entsprechend gross unser Durst. Dazu ein Stück Bündner Nusstorte, die unglaublich schmackhafte und energiereiche Spezialität der Region mit vielen in Rahm und Zucker karamellisierten Walnüssen. Mit dieser unkonventionellen Kombination wurden wir sowohl der eher deutschen Angewohnheit eines Stückchens Kuchen am Nachmittag gerecht als auch der Schweizer Gewohnheit, nachmittags um Vier ein Vesper zu sich zu nehmen. »Z’vieri« eben.
Von der Gartenterrasse des »Edelweiss« aus hatten wir eine herrliche Aussicht auf ein Tal, das sich einem Gebirgsbach entlang nach oben in Richtung der imposanten Felsgipfel am Horizont erstreckt und nach oben zu einem Wasserfall hin verjüngt.
»Kann man denn dort hinauf und von dort weiterwandern?«, fragen wir die Einheimischen, »und wo kommt man denn dann hin?«
»Wenn Ihr immer dem Gafierbach entlang nach oben wandert in Richtung Rätschenjoch, dann könnt Ihr oben nach der Alm hinter dem Wasserfall entweder weiter in Richtung Gafierjoch oder links in Richtung St. Antönierjoch und von dort dann wieder zurück in den Ort.«, erklärt uns ein wettergegerbter St. Antönier. »Das ist aber kein Spaziergang«, wirft die Gastwirtin stirnrunzelnd ein.
»Wir planen morgen früh eine richtige Bergtour mit unserem Hund. Heute nicht mehr«, antworten wir ihr.
»Mit Hund?«, fragt sie immer noch mit einem skeptischen Blick auf Monet, der faul im Gras liegt.
»Keine Sorge, der ist mit uns schon vier Wochen am Stück von München nach Venedig gewandert, quer über die Alpen. Der schafft das Joch bestimmt.«, versichere ich unseren Tischnachbarn, die unseren Hund daraufhin mit andern Augen betrachten und anerkennend tätscheln.
»Ja, dann ist das Gafierjoch für Euch sicherlich kein Problem!«, schmunzelt der ältere Herr, der uns diese Tour empfohlen hatte.
Auf’i auf’s Joch – Gafierjoch oder St. Antönierjoch, das ist hier die Frage?
Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht in unserem Reisemobil starten wir am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein zu unserer Tageswanderung von Parkplatz 3 aus. Hier sowie auf allen anderen ausgewiesenen, grosszügigen Parkplätzen entlang des Schanielenbachs hinter St. Antönien darf man gegen eine Tagesparkgebühr und die Entrichtung der Kurtaxe mit Wohnmobilen auch übernachten.
Wie gestern nachmittag schon biegen wir an der Kreuzung in Richtung Berggasthaus »Edelweiss« ab, folgen nach einem kurzen Stück Strasse jedoch dem schmalen Waldweg links, der rechts entlang des Gafierbachs bergan führt und immer wieder durch schattige, kleine Waldstücke verläuft, in denen es herrlich duftet.
Der Anstieg bis zum »Edelweiss« ist gerade richtig, um warm zu werden. Die nette Wirtin steht auch heute Morgen wieder vor der Tür, um uns winkend und fröhlich lachend »einen hübschen Tag« zu zurufen. Wir winken zurück und wandern weiter auf dem schmalen Weg, der uns durch die Sunnistafel und das Gafiertal, am gleichnamigen Bach hinauf zum Wasserfall führt.
Dort wollen wir nach einer guten Stunde Aufstieg unsere erste Foto-Pause einlegen.
Vorher müssen wir jedoch noch zwei vierbeinige, grauhaarige Wegelagerer passieren, die neugierig und recht aufdringlich auf Herrn Monet zulaufen. Da Eselhufe im Zweifel ganz schön hart zu einem kleinen Hund sein können, nehme ich Monet kurzfristig an die Leine und umrunde mit ihm die beiden schönen Langohren lieber grossräumig, während Robert sie mit sanften Worten ablenkt und an den Ohren krault.
Direkt am eindrucksvollen Wasserfall finden wir ein herrliches Plätzchen, wo mein Mann sein Stativ aufstellen kann und ich die mitgebrachten Schmankerl auspacke. Nur Monet ist nicht ganz zufrieden mit diesem Plätzchen, denn hier ist die Strömung im Bach zu stark für ein erfrischendes, friedliches Hundebad. Das verschieben wir lieber auf später. Dafür tröste ich ihn mit einem Stückchen Wurstsemmel, wir geniessen bei der Wärme lieber ein paar Stückchen saftige Wassermelone.
Als die Wasserfall Fotos im Kasten sind, setzen wir unsere Wanderung den Hang hinauf fort. Hinter der nächsten Kurve wartet bereits die nächste Überraschung auf uns. Erneut eine grosse Gruppe vierhufiger Wegelagerer, die unseren Vierbeiner interessiert beobachten. Wiederum sicher angeleint, bugsieren wir Herrn Monet grossräumig über die Weide, im Kuhfladen Slalom, an den Hornträgern vorbei, da diese es sich dicht am Weg bequem gemacht haben. Bei dieser Überzahl riskieren wir lieber nichts, auch wenn wir einen überaus friedliebenden Hund haben.
Der Gafiersee – die Belohnung für tapfere Alpen Vierbeiner!
In Serpentinen steigt der Weg in Richtung Talegg zum Gafierjoch weiter an. Von hier aus hat man bereits eine traumhafte Aussicht auf das unten liegende Tal und die umliegenden Gipfel.
An einer Wegkreuzung entscheiden wir uns, weiter in Richtung St. Antönier Joch zu wandern, machen aber zuvor noch einen Abstecher nach rechts zum kleinen Gafiersee, um unser Versprechung an Monet einzulösen: ein erfrischend, kühles Bad.
Nach ca. 2 Stunden stetigem bergauf Wandern ohne nennenswerten Schatten hat sich unser Alpenheld das mehr als verdient.
Von hier aus kehren wir zurück auf den ausgeschilderten Wanderweg in Richtung St. Antönier Joch, der uns nochmals ca. eine Dreiviertelstunde in Serpentinen durch Almwiesen nach oben führt.
Fast oben angekommen durchqueren wir in einer Mulde sogar noch ein kleines Altschneefeld, ganz zum Entzücken unseres Hundes, der sich wohlig im sulzigen Weiss tummelt.
Gratwanderung zwischen Schweiz und Österreich
Und endlich, nach über drei Stunden non-stop bergauf landen wir auf einem Gipfelgrat, durch den ein schmaler Weg führt, der alte Zollweg zwischen dem österreichischen Vorarlberg und dem schweizerischen Prättigau. Atemberaubend ist die Aussicht hier oben. Rechts die zahlreichen Gipfel des Montafons und links die Silhouetten der Bündner Berge.
Um zum St. Antönier Joch zu gelangen, müssen wir von diesem luftigen Aussichtsplätzchen noch ein gutes Stück steil absteigen. Spätestens hier sind wir sehr froh über unsere Wanderstöcke, die wir für diese Tour mit steilen Passagen auf jeden Fall empfehlen. Auch ein kleines seilversichertes Felsstückchen liegt auf dem Weg nach unten, das für bergerfahrene Hunde wie Herrn Monet jedoch eine Kleinigkeit ist. Und für trittsichere, schwindelfreie Zweibeiner ebenfalls.
Das St. Antönier Joch liegt auf 2’379 m Höhe. Und hier teilt sich der Weg dann auch, rechts in Richtung Vorarlberg und links hinunter nach St. Antönien.
Durch das relativ steil abfallende Alpeltitäli, in dem uns Murmeltierpfiffe auf Schritt und Tritt begleiten, wandern wir einen sehr schmalen Weg hinab, erneut entlang eines Gebirgsbachs, dem Alpeltibach. Ab und zu auch mitten durch, was besonders Monet viel Spass macht.
Generell ist diese Wanderung mit den vielen Bächen und dem See perfekt für Wanderer mit Hund, da die Vierbeiner immer genügend Trinkwasser und Abkühlungsmöglichkeiten finden.
Murmeltierland und blühende Wiesen
Durch liebliches Murmeltierland wandern wir mit Talblick zum Dörfchen St. Antönien ca. zwei Stunden bergab und drehen uns immer wieder mal um zum imposanten Felsgrat und dem St. Antönier Joch, das wir heute »bezwungen« haben.
Über blühende Almwiesen, vorbei an verstreut und idyllisch gelegenen Höfen, landen wir schliesslich wieder unten an dem kleinen Strässchen »Engi«, in der Nähe des Parkplatzes 12, auf dem wir weiter über Rüti zu unserem Parkplatz 3 und unserem Reisemobil gelangen.
Nach gut 6 Stunden reiner Wanderzeit bzw. ca. 7.5 Stunden unterwegs, inklusive Pausen, Staunen und Fotografieren, freuen wir uns jetzt auf ein Schattenplätzchen neben unserem Mobil am fröhlich plätschernden Schanielenbach. Hier neben dem Parkplatz Nr. 3 liegt direkt am Bach ein wunderschöner Picknick- und Grillplatz (inklusive Gratis Feuerholz), wo man einen gelungenen Wandertag wie diesen gemütlich ausklingen lassen kann.
Und für den tapferen Herrn Monet fällt dabei bestimmt ein Stückchen Cervelat oder Bratwurst ab, soviel Zeit muss sein!
Die Tour zum St. Antönier Joch in Karten und Stichworten:
Ausgangspunkt: St. Antönien, Parkplatz Nr. 3
Höhenmeter: ca. 1’000 m (einfach)
Ziel, St. Antönier Joch: 2’379 m.ü.M.
Schwierigkeitsgrad: Einfach
Distanz hin und zurück: ca. 15.5 km
Reine Gehzeit hin und zurück: ca. 6 Std.
Für Familien und Wanderer mit Hund gut geeignet (Achtung: Murmeltiere und Weidevieh!)
Im Sommer und Frühherbst empfiehlt es sich, Badesachen und Picknick bzw. Grillgut mitzunehmen.
nurMut…nach dem Joch ist vor dem Joch!
Eure Petra mit ihrem Wanderrudel
Hallo Petra
Einfach super, habe den Bericht ganz genau gelesen und wer weiss, vielleicht im nächsten Jahr ?. Die Wanderperiode hat einfach zu wenig Wochenenden und wir hatten ja ein fantastisches Jahr in Bezug auf Wetter.
Da ja Ginger auch schon ein kleiner Bergfloh ist und wir schon lange den Traum vom Säntis hegten, habe ich mich dann ziemlich intensiv schlau gemacht und bin dann zum Resultat gekommen: Am Wochenende auf keinen Fall, das ist ja eine reine Völkerwanderung. So haben wir uns letzte Woche kurzentschlossen am Montag in den Alpstein auf den Weg gemacht. Von Wasserauen auf die Messmer Alp, da gut gegessen und geschlafen, und dann am Di-Morgen um 07:30 Uhr los. Wir haben den Weg durch die Wagenlücke genommen und es war einfach phantastisch. So viele unterschiedliche Vegetationen, der Alpstein ist einfach megaschön. Zwischendurch gab es kleine Einsätze der Hände, aber es war alles super easy und Ginger ist im letzten Teil, also nach der Wagenlücke richtig aufgetaut und immer stramm voraus gelaufen. Das Highlight waren die Steinböcke, in sicherer Entfernung ? hatten sie die Morgensonne genossen. Unterwegs haben wir nur ein paar wenige Wanderer angetroffen. Auf dem Säntis ging es dann rund, aber wir waren einfach nur wohlig zufrieden, nichts konnte mehr unsere gute Laune trüben.
Dann also bis zu unseren nächsten Abenteuern, viele werden es vielleicht nicht mehr werden, aber wir haben uns vorsorglich letztes Jahr Schneeschuhe besorgt, als kleinen Ausgleich ?
Wünsche Euch allen einen wunderbaren Herbst und bis bald.
Ursula, Chris & Ginger
Servus Petra,
wieder einmal ein faszinierender Artikel bzw. Kurzreise. Toll beschrieben, super schöne Fotos und die Beschreibung der Route mit allen Angaben, Chapeau!
Ich musste ja an mich halten, dass ich im letzten Moment nicht diese Tour mache, so toll war sie von Euch geschildert. Am 28.8. habe ich mir kurzfristig vorgenommen, dass ich mit Paula einen einwöchigen Kurztrip mache. Und dann kommt Euer Newsletter mit dem Reisebericht am 26.8. Hatte schon ganz schön zu kämpfen, aber schlussendlich sind wir dann doch in die entgegengesetzte Richtung gefahren, an die Müritz, Mecklenburgische Seenplatte, also ganz etwas anderes 😉
Aber ich bin mir sicher und nachdem Paula so gerne in die Berge geht, werde ich Eure Reise bestimmt bald umsetzen. Also danke wieder einmal, für diesen tollen Reisebericht und der dahingehenden Inspiration für uns.
Und dieses Mal hast Du auch in dem Bericht nicht vergessen, Herrn Monet zu erwähnen, was er nach der anstrengenden Wanderung als Belohnung erhalten hat (und nicht nur sein Rudel). 😉 😉
Ganz viele Grüße an Euch alle und bis nächstes Mal.
Paula und ihr „Chauffeur“ Reinhard